Auf den Spuren des alten Bahnhofs in Donauwörth und seiner Streckenzuführungen

Von Markus Egger

1847 erreichte der Eisenbahnverkehr auf der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn die Stadt Donauwörth. Hierfür war unmittelbar am Rand der damaligen Stadt und dem Donauhafen ein Bahnhof erreichtet worden, von wo die Bahn über das Wörnitztal weiter nach Nördlingen strebte. In Donauwörth bestand Anschluss an die Schiffe der Donau-Dampfschiffahrt, die damals noch bis Donauwörth verkehrte.

Als dann in den 1870er-Jahren die Planungen für die Donautalbahn konkret wurden, musste ein neuer Bahnhof geplant werden, da am jetzigen Standort keine Erweiterungsmöglichkeit bestand und zudem die Einbindung der Strecke aus Offingen schwierig geworden wäre. 1874-1877 entstand daher auf dem freien Feld vor der Stadt Donauwörth am anderen Wörnitzufer der neue „Central-Bahnhof“, wie wir ihn heute noch kennen. Hierfür musste sowohl eine neue Donaubrücke errichtet werden, also auch die Ausfädelung der Strecke Richtung Nördlingen bis Wörnitzstein neu trassiert werden.

Der alte Bahnhof und die alte Streckenführung wurden 1877 außer Betrieb genommen, sie sind jedoch noch heute, 125 Jahre später, fast vollständig im Landschaftsbild zu finden. Im folgenden gibt es hier einen Bildbericht von einer Bereisung der Reste dieser ersten Eisenbahnstreckenführung durch Donauwörth. Begonnen habe ich diese Bereisung am Bahnhof Wörnitzstein.

Übersichtskarte von Donauwörth mit der eingezeichneten Bahnstreckenführuzng vor 1877 (rot). Kartengrundlage. Openstreetmap. (Vergrößerte Darstellung bei Anklicken)

Nachdem 440 004 mich am 8.8.2012 nach Wörnitzstein gebracht und mich auf dem noch recht rustikalen Bahnsteig ausgespuckt hatte leitet sich mein Blick zurück zum Bahnhof, in dessen Mitte ein Bahnübergang ist.

Blick auf das Bahnhofsgebäude von Wörnitzstein, das sich im typischen Stil vieler Gebäude an der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn zeigt. Es ist Ruhe eingekehrt, der nächste Zug kommt in 40 Minuten. Kreuzungen von Personenzügen finden planmäßig nicht statt in Wörnitzstein.

Der Zugang zum Bahnsteig für die Züge Richtung Donauwörth ist auch recht rustikal. Das Stellwerk ist interessanterweise im ehemaligen Güterschuppen untergebracht (Siemens Dr S2, Inbetriebnahme 1977).

Blick nach Süden an den Ausfahrsignalen des Bahnhofs Wörnitzstein Richtung Donauwörth. Das dichte Gehölz etwa in der Mitte des Bildes ist der ehemalige Bahndamm der Streckenführung vor 1877. Hier strebte die Bahn der Brücke über die Wörnitz zu, heute bleibt sie am rechten Wörnitzufer.

Detailkarte von Wörnitzstein. Rot eingetragen die alte Strekenführung, die aber auch so im Kartenbild gut auffindbar wäre. Kartengrundlage: OpenStreetMap

Bick zurück Richtung Wörnitzstein. In der Bildmitte der ehemalige Bahndamm, der vermutlich am Ende des Gehölzes in eine Vorflutbrücke übergegangen ist. Links vor dem Schuppen verläuft heute die Bahn nach Donauwörth, rechts am Ortsrand der Bahnhof Wörnitzstein, im Rücken des Fotografen fliesst die Wörnitz.

Dieses Bild zeigt das westliche Widerlager der ehemaligen Eisenbahnbrücke in Wörnitzstein. Im Gestrüpp finden sich noch Mauerreste. Die Brücke wurde ab 1877 bis 1945 als Straßenbrücke weitergenutzt und am 22. April 1945 von deutschen Truppen gesprengt und nicht wieder aufgebaut.

Link zur Wörnitzsteiner Brückengeschichte:  http://www.woernitzstein.de/woernitzstein/510063959c128fb0c/index.php

Jetzt befinden wir uns bereits auf dem anderen Wörnitzufer. Hinter den Bäumen am linken Bildrand befand sich früher das östliche Widerlager der Brücke, heute ist davon nichts mehr zu finden, da hier eine Kläranlage errichtet wurde. Am Fotostandpunkt schwenkt die Ortsverbindungsstraße Wörnitzstein-Felsheim auf den ehemaligen Bahndamm ein und nutzt diesen bis zum Ortseingang Felsheim.

Am Ortsrand von Felsheim. Während die Straße hier wieder den ehemaligen Bahndamm verlässt ist links ein Einschnitt zu erkennen, durch den eine Nebenstraße verläuft, hier lief die Bahnstrecke weiter.

Blick vom Ende des Felsheimer Einschnittes zurück Richtung Wörnitzstein. Der Einschnitt kann seine Eisenbahnvergangenheit nicht leugnen. Die große Breite des Einschnittes erstaunt dann aber doch, während der Bahndamm meist nur breit genug für ein Bahngleis ist, hätten in diesem Einschnitt auf jeden Fall Nebengleise Platz. Ein Bahnhof Felsheim ist jedoch nciht überliefert, war er nur geplant. Das Gebäude rechts oben auf der Böschung ist zwar ein Nachkriegsbau, ein angebauter gemauerter Schuppen (ehemaliger Kleinviehstall?) ähnelt jedoch anderen an ehemligen Bahnwärterhäuschen entlang der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn so dass ich vermute, dass der Vorgängerbau ebenfalls ein Bahnwärterhäuschen war.

Blick am selben Standort in die Gegenrichtung. Der Einschnitt geht wieder in einen Damm an der hangkante des Wörnitztales über. Die Eisenbahnunterfühung ist neueren Datums. Hier führt seit 1907 die Neubaustrecke Donauwörth-Treuchtlingen über die ehemalige Trasse der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn. Von 1877 bis 1907 passierte also kein Zug den Ort Felsheim, seit 1907 fahren Züge zumindest wieder daran vorbei.

Kleiner Abstecher ins Wörnitztal. Direkt nach der Überführung über die ehemalige Trasse der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn überquert die Strecke Donauwörth-Treuchtlingen die Wörnitz auf einer schönen Brücke, hier ein 440er des Fugger-Express als RE München-Treuchtlingen.

Blick vom Bahndamm Richtung Donauwörth. Am rechten Bildrand befindet sich hinter den Häusern der heutige Donauwörhter Bahnhof, vor 1877 passierte die Bahn Donauwörth links der Kirchtürme.

Blick über den Bahndamm Richtung Donauwörth. Heute dient der Bahndamm hier als attraktiver Radweg.

Auch im Stadtgebiet Donauwörth ist bis auf eine kleine Lücke, wo ein Wasserwerk auf dem ehemaligen Bahndamm errichtet wurde, der Verlauf weiterhin eindeutig zu erkennen.

Folgt man dem Damm immer wieter steht man plötzlich unvermittelt vor dem auf derNordseite teilweise vermauerten Tunnelportal der alten Streckenführung. Über dem Tunnel steht die Evangelische Kirche und verläuft eine Straße. Der Tunnel ist in offener Bauweise errichtet worden.

Detailaufnahme vom Tunnelportal. Der Radweg geht durch die kleine Öffnung rechts weiter. Im Tunnel endet der Einbau des Trachtenvereins und der Tunnel ist ab dort in voller Breite begehbar.

Das Südportal des Tunnels. Auffällig ist wie gut die Bauten aus 1847 alle noch erhalten sind.

In Verlängerung des Tunnels wird die ehemalige Bahnstrecke heute als Promande genutzt und verläuft fast direkt hinter der früheren Stadtmauer. Hier reihen sich Spielplätze, Grünanlagen, Denkmäler und Baumreihen aneinander. Diese Brücke kann ihre Eisenbahnvergangenheit von 1847-1877 auch nicht leugnen.

Angekommen am ehemaligen Bahnhof. Links waren hohe Stützmauern erforderlich. Deutlich ist sichtbar, dass hier keine Erweiterungsmöglichkeiten bestanden. Das gelbe Gebäude rechts sieht mir auch verdächtig nach Eisenbahn aus: Ob es das Bahnhofsgebäude selber war oder ein anderes Verwaltungsgebäude?

Der Südkopf des ehemaligen Bahnhofs. Hier verließ die Strecke unter dieser schönen Steinbrücke den Bahnhof zum nur wenige Schritte entfernten Donauufer.

An den Kaimauern des ehemaligen Donauwörther Hafens: Hier legten bis 1877 die Donautalbahn eröffnet wurde die Schiffe der Donau-Dampfschiffahrtsgesellschaft an und boten Anschluss an die Züge der Ludwigs-Süd-Nord-Bahn die etwa im Bereich der Baumreihe rechts die Donau auf einer Brücke überquerte, von der keine reste mehr sichtbar sind.

Detailkarte des Streckenverlaufs in Donauwörth. Kartengrundlage. OpenStreetMap

Südlich der Donau laufen die heutige und ehemalige Streckenführung zusammen. Im Vordergrund die heute genutzt Flutbrücke über das Überschwemmungsgebiet der Donau, im Hintergrund die Brücke die von 1847-1877 als Bahnbrücke diente und heute als Straßenbrücke immer noch zuverlässig ihren Dienst verrichtet.

Die heutige Straßenbrücke von der anderen Seite nochmals in ihrer vollen Pracht. Sie ist vom Zug aus gut zu erkennen (Fahrtrichtung Donauwörth kurz vor der Donaubrücke rechts aus dem Zug schauen).

Auszug aus dem „Führer auf den Kön. Bayer. Staats-Eisenbahnen und den Köingl. privilegierten Ost-Bahnen“, der 1861 im Selbstverlag von Joseph Lang, Ober-Conducteur der königl. bayer. Staats-Bahnen erschien. Die Reise geht entgegengesetzt meiner Bereisung von Süd nach Nord. Vorlage digitalisiert von Google.

Link zur vollständigen Ausgabe dieses Buches bei Google Books

Anzeige der Donau-Dampfschifffahrt aus der „Neuen Münchner Zeitung“ (Ausgabe Nr. 63 vom 14. März 1857) von 1857. Digitalized by Google.

Stand: 11.8.2012

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4 Antworten zu Auf den Spuren des alten Bahnhofs in Donauwörth und seiner Streckenzuführungen

  1. Fritz Ferstl schreibt:

    Super Beschreibung!!! Ist wohl auch das einzige Substanzielle zur alten Donauwörther Bahntrasse im Netz. Habe es in Wikipedia verlinkt.

  2. Cliff D. schreibt:

    Du hast die Geschichte des alten Bahnhof in Donauwörth sehr schön erzählt, nur schade, dass es von der damaligen Bahntrasse keine Bilder mehr gibt. Mich hätte es sehr interessiert, wie es dort damals ausgesehen hat.

  3. Christian H. schreibt:

    Sehr schöne Beschreibung. Habe mich schon lange gefragt, wie die alte Ludwig-Süd-Nord-Bahn damals um Donauwörth herum verlief. Danke!

  4. Hier eine Erläuterung zum Foto des Felsenheimer Einschnittes:
    Der Einschnitt ist so breit, weil die Ludwigs-Süd-Nord-Bahn zwar zunächst nur ein Gleis besaß, aber für den Nachbau eines zweiten Gleises vorbereitet war. Auf der 1877 aufgegebenen Teilstrecke im Raum Donauwörth war das zweite Gleis damals noch nicht nachgebaut.

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